Einblick Bolivien Januar 2023

Nach einer langen Pause konnten wir vom 19. Januar bis 6. Februar 2023 endlich wieder unser Projekt in Bolivien unterstützen, das 2012 eine Gruppe HomöopathInnen in La Paz ausgebildet hat, die seitdem eine Gemeinschaftspraxis betreiben. Ich wurde von Roxana, eine Homöopathin unserer Gruppe, vom Flughafen abgeholt und ins Hostal gebracht. Gleich am ersten Wochenende nach der Ankunft trafen wir uns mit den ehemaligen SchülerInnen zu unserer ersten Fortbildungseinheit. Immerhin haben wir noch acht aktive HomöopathInnen in unserer Gruppe! Wir wiederholten Themengebiete wie Behandlung von Husten, Folgen von Covid und Grippe sowie Erkrankungen von Mutter und Kind. Unterstützend hatten wir Unterrichtsmaterialien dabei, die HOG in Ecuador eingesetzt hat. Diese sind beim Thema „Akute Beschwerden“ sehr gut für kleine Kurse geeignet.

Nach dem Unterrichtswochenende ging es mit Roxana als Unterstützung direkt weiter nach Tarija, das an der argentinischen Grenze in einer anderen Klimazone liegt. Weil in Bolivien, das unterhalb des Äquators liegt, das Ende der Sommerferien anstand, gab es keine günstigen Inlandsflüge mehr.  Wir mussten mit dem Nachtbus fahren und waren von 21 Uhr bis am nächsten Tag um 15 Uhr unterwegs. Bei unserer ehemaligen Schülerin Helia konnten wir unterkommen – gemeinsam mit vielen Hunden und vielen weiteren Gästen, denn sie hatte eine interessierte Seminarteilnehmerin samt Familie bei sich untergebracht.

Am nächsten Tag gaben wir in einem Yogazentrum in der Nachbarschaft einen Einführungskurs zu akuten Behandlungen mit Homöopathie. Wir hatten eine Gruppe von acht Personen, die sich für unseren Kurs eingeschrieben haben und mit denen wir zwei interessante Tage verbrachten. Bei dieser Reise haben wir den Plan, mit ehemaligen SchülerInnen zu unterrichten, um ihre Kompetenzen zu stärken, realisiert. Mit Roxana hat das gut geklappt, sie hat unterstützend einzelne Arzneimittel unterrichtet. Am Tag der Abreise aus Tarija konnten wir sogar noch unsere ehemalige Übersetzerin Lea, die dorthin umgezogen ist, besuchen. Von Tarija aus wollten wir ursprünglich weiter nach Sta. Cruz fahren. Dort waren wir von einer Gruppe von HeilerInnen für einen Einführungskurs eingeladen. Olga aus unserer Gruppe in La Paz, die zu diesem Kurs eingeladen hatte, war bereits dorthin geflogen, denn sie hatte noch einen preiswerten Flug bekommen. Unsere Absprache war, dass sie dort allein unterrichtet, falls ich keinen Flug mehr bekäme. Das hat sie dann auch gemacht. Sie hat zwei Tage dort unterrichtet, mit den Teilnehmerinnen ein Lied zum Dank per Whatsapp geschickt und ein ausführliches Protokoll über ihre Aktivitäten erstellt.

Zurück in La Paz wartete noch eine schwierige Aufgabe auf mich. Es gab Unstimmigkeiten in der Nutzung der Gemeinschaftspraxis, die eine Konfliktlösung vor Ort notwendig machten. An meinem zweiten Wochenende war ich mit der Gruppe unserer bolivianischen HomöopathInnen zu diesem Thema verabredet. Ich hatte außerdem Unterrichtsmethoden für Gruppenprozesse vorbereitet, um eine Ebene des gegenseitigen Verständnisses aufzubauen, und auch einige Lösungsvorschläge dabei, über die wir diskutieren konnten. Zu unserem großen Glück hat unsere Partnerorganisation ENLACE, ein Zusammenschluss verschiedener NGOs zur Dekolonialisierung, immer noch ein Büro in La Paz. Dort konnten wir uns für Unterricht und für Besprechungen genauso wie vor einigen Jahren für einen kleinen Obulus am Wochenende treffen. Die Gruppe nahm meinen Vorschlag an, alle 10g-Fläschen aus der ehemaligen Gemeinschaftspraxis nun dort zu deponieren und eine Bestandsliste zu erstellen mit allen Arzneimitteln, die per Internet an Gruppenmitglieder verschickt wird. Dort werden auch die restlichen Glasröhrchen aufbewahrt, damit einzelne sich dort Mittel abholen können. Die großen Rollen mit seltenen Mitteln verbleiben in Alfredos neuer Praxis, da er die meisten PatientInnen hat. Die Bücher mit einer Materia Medica in Spanisch werden an die Praktizierenden verteilt. Roxana führt Buch, wer welche Bücher aufbewahrt, so dass sie auch ausgeliehen werden können oder Kopien erstellt werden können. Trotz der Spannungen in der Gruppe finden wir Lösungen und zum Schluss ist zumindest eine gute Ebene der Zusammenarbeit wiederhergestellt.

Unter der Woche besuche ich unser Gruppenmitglied Doris, die zwei Stunden von La Paz in dem kleinen zauberhaften Städchen Corroico lebt. Sie hat einige Fragen zu Behandlungen und wir verbringen den Abend mit einer gemeinsamen Bekannten, die seit 40 Jahren ein Ökohostal in Corroico führt und dort auch bis vor kurzem Shiatsubehandlungen angeboten hatte. Dort ist es warm und sonnig und ich kann mich von der schwierigen Sitzung mit der Gruppe gut erholen.

Am letzten Wochenende mit der Gruppe realisieren wir die Pläne, die wir vorher besprochen hatten. Wir bringen die Mittel zum Büro von ENLACE, erstellen Computerlisten der verfügbaren Mittel und treffen uns zum Abschied mit der Kinderkardiologin Inge von Alvensleben, die trotz hoher Arbeitsbelastung vor Jahren für uns in den Kursen übersetzt hat. Sie arbeitet inzwischen als Stellvertreterin von Alexandra Freudenthal im Herzzentrum für Kinder in La Paz und kann ihrer Aussage nach „besser kleine Fallschirme über Löcher in Kinderherzen stülpen als kochen“. Ihr Besuch beschwingt und erfreut die Gruppe und wir sitzen eine ganze Weile zusammen.

Die Zeit in La Paz vergeht mit rasender Geschwindigkeit und nach einem traditionellen Abschiedsessen mit der Gruppe im Hotel Torino trete ich am nächsten Morgen schon wieder die Heimreise an. Fast alle haben eine Kleinigkeit zum Abschied für mich vom „mercado alasitas“, dem traditionellen Markt in La Paz. Dort werden Miniaturen von Dingen verkauft, die man Menschen wünscht. Ich bekomme eine 1 x 2 cm große Aufenthaltsgenehmigung für Bolivien, einen bolivianischen Pass im Miniaturformat, Miniaturdollarscheine und kleine Taschen. Zum Abschluss betont die Gruppe, wie wichtig es ihnen ist, dass wir die Beziehungen, die wir aufgebaut haben, weiterführen und dass sie sich auf die nächsten Unterrichtsreisen von HOG sehr freuen.

Anja Kraus

 

 

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