Hilfe zur Selbsthilfe

Ruanda ist ein dichtbevölkerter Binnenstaat in Ostafrika und ist seit 1962 unabhängig. Wegen struktureller Probleme, einer hohen Bevölkerungsdichte und Konflikten zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi – die im Völkermord an den Tutsi 1994 gipfelten, in dessen Rahmen etwa 800.000 ethnische Tutsi und gemäßigte Hutu von radikalen Hutu ermordet wurde – zählte das Land zu den ärmsten in Afrika. Seit dem Ende des Bürgerkrieges setzte ein wirtschaftlicher Wiederaufbauprozess ein, der unter anderem durch die Ausbeutung von Rohstoffen in den östlichen Kongoprovinzen begünstigt wurde. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von etwa 8 Prozent im Zeitraum 2001 bis 2015 gehört Ruanda seit längerem zu den Ländern Afrikas mit dem stärksten Wirtschaftswachstum. Weite Teile der Wirtschaft werden durch die regierende Partei Ruandische Patriotische Front kontrolliert. Kennzeichnend für die ruandische Gesellschaft ist auch die für afrikanische Verhältnisse ungewöhnlich hohe Teilhabe von Frauen an der wirtschaftlichen und politischen Macht.

Medizinischer Hintergrund
Auf einen Arzt kommen etwa 18.000 Einwohner. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt rund 60,1 Jahre – für Männer 58,5, Frauen 61,7 Jahre. 31 % der Frauen nehmen Gesundheitsdienste bei der Geburt in Anspruch. 18 % der unter 5-jährigen Kinder sind fehlernährt (Stand 2005). Die Sterblichkeit der unter 5-jährigen Kinder beträgt etwa 7,6 %. Die HIV-Prävalenz an der Gesamtbevölkerung wird mit 2,9 % angegeben; sie ist in den sexuell aktiven Bevölkerungsteilen jedoch höher. Der Anteil der gesetzlich krankenversicherten Bevölkerung hat sich den letzten Jahren stark vergrößert und liegt bei 91 % (Stand 2010). Der Preis der Krankenversicherung beträgt etwa 1,50 Euro pro Person pro Jahr.

Besonders die Kinder leiden unter den Nachwirkungen des Völkermordes. Nach Angaben von UNICEF wachsen 600.000 Kinder ohne oder mit nur einem Elternteil und in extremer Armut auf. Nach Schätzungen von UNICEF gibt es in Ruanda rund 28.000 so genannte Kinderhaushalte. 90 % der Jungen und Mädchen aus Kinderhaushalten gehen nicht zur Schule. In der Vergangenheit rekrutierte der damalige kongolesische Rebell Laurent Nkunda immer wieder Kämpfer, viele von ihnen Kindersoldaten, aus den Flüchtlingslagern in Ruanda. Nach Schätzungen von UNICEF leiden heute in Ruanda rund eine Million Kinder unter besonders schwierigen Lebensbedingungen.

Ergebnisse eigener Erkundungen (Gespräche mit örtlichen Psychiatern und Psychologen): Transgenerationelle Traumata sind ein Problem; chronische Traumafolgestörungen; Süchte (Cannabis, Stramonium, Heroin, Alkohol) (noch immer werden 80 % der Suchtpatienten aus dem ‚Genocide suvivor fund’ bezahlt). Somatische Trauma-Erscheinungen sind vor Ort bislang kaum behandelbar. In psychiatrischen Krankenhäusern wird in ca. 50 % der Fälle Haldol verordnet in hohen Dosen, um die Patienten ruhig zu stellen. Dadurch treten die Traumafolgen etwas in den Hintergrund. Chronische Erkrankungen wie Allergien, Rheuma etc. sind weit verbreitet und kaum vor Ort bislang behandelbar, so dass wir denken, dass dies ebenfalls ein großes Handlungsfeld werden könnte.
Es besteht unter den Psychologen und Psychiatern ein großer Personalmangel. So ist es erforderlich, dass diese zur Versorgung der Patienten weite Fahrwege zurücklegen müssen. Psychische Erkrankungen, die häufig auch Folgeerkrankungen der Traumatisierung sind, wie Schizophrenien und Depressionen werden aus Kostengründen mit Medikamenten behandelt, die erhebliche Nebenwirkungen und Spätfolgen haben. So werden auch Schizophrenien fast ausschließlich mit Haldol behandelt. Dabei werden Patienten erheblich überdosiert, um sie ruhig zu stellen und körperlicher Gewalt in den Psychiatrien vorzubeugen. Dies hat zur Folge, dass Nebenwirkungen wie Früh- und Spätdyskenesien sowie Parkinsonsyndrome regelmäßig auftreten und unbehandelt bleiben mit erheblichen Folgen für die Patienten. Die Patienten werden derart überdosiert, dass sie auf der Akutstation teilweise ungeschützt in der prallen Sonne auf dem Betonboden liegen und sich damit erheblicher körperlicher Gefahr aussetzen. Psychisch erkrankte Patienten werden nicht nur auf der Akutstation, sondern auch auf der Stabilisierungsstation geschlossen untergebracht in Räumen mit 10-20 Betten. Gerade für traumatisierte Patienten mit Ängsten vor Menschen und psychotischen Patienten sind diese Zustände kaum erträglich.

Chance
Es besteht eine große Chance, die Homöopathie ins oder parallel zum Gesundheitssystem Ruandas implantieren zu können. Gespräche mit Justin Kabera, Biologe und Forscher im Bereich der Phytotherapie an der Universität Butares, der gute Beziehungen sowohl zum MoH (Ministery of Health) als auch zum Departement für Complementary Medicine hat, ergaben, dass das Gesetz zur Reglementierung der komplementären Heilkunde kurz vor der Fertigstellung steht. Insgesamt herrscht seitens der Regierung momentan eine große Offenheit. Dies betrifft insbesondere die Registrierung bzw. Zulassung homöopathischer Mittel, so dass diese sehr bald anzustreben ist. Die kostengünstige und effektive Behandlung traumaassozierter körperlicher und chronischer Erkrankungen sind hier gute Argumente.

Traditionelle Heiler werden von 80 % der Bevölkerung aufgesucht, entweder parallel zur Konventionellen Heilkunde oder ausschließlich, aber die Heiler leiden auch unter schlechter Reputation in der Gesellschaft. Der Repräsentant der Traditionellen hat großes Interesse an Ausbildung – sicher, um deren Reputation zu steigern. Das ist Bedarf und Chance zugleich, die Homöopathie mittig zwischen konventioneller Medizin und traditioneller Medizin zu positionieren – ähnlich wie in Indien.
Die Regierung hat erkannt, dass ohne traditionelle Therapeuten in der gesundheitlichen Versorgung nicht viel geht. Daher wurde eigens ein Departement für komplementäre und traditionelle Heilkunde im Gesundheitsministerium errichtet.

Zielsetzung (Stand: Januar 2019)

Kurzfristig:
Erstellung eines Papiers zur Homöopathie zur Vorlage beim MoH bzw. dem Leiter der Abteilung Komplementärmedizin, um eine Registrierung homöopathischer Mittel zu erreichen. Im Falle des Erfolgs könnten wir im Rahmen der LIWOHA z.B. mit supervidierten Behandlungen beginnen, die die LIWOHA für unabdingbar hält, um die nötige Reputation in der Bevölkerung und den Fachkreisen zu erlangen.

Mittelfristig:
Ausbildung! Sinnvoll möglicherweise hier eine Mischung aus E-Learning und Präsenz 2-4-mal im Jahr über ca. 3 Jahre. Nach Durchsicht der Ausbildungsunterlagen der drei Homöopathen aus Ruanda am letzten Tag unseres Aufenthalts, ergibt sich allerdings ein größeres Problem: Diese wurden am CPH (College for Practical Homeopathy) ausgebildet, das eine sehr pathologisch orientierte Ausbildung mit organotroper, entgiftungsorientierter Anwendung von homöopathischen Mitteln, inklusiver Gabe mehrerer Mittel zeitgleich, anbietet. Die Grundsätze klassisch-homöopathischer Behandlung sind nur rudimentär vermittelt worden.
Insofern hatten wir mit den Dreien vereinbart, als einen ersten Schritt eine Art Nachschulung mit ihnen, z.B. via Skype, durchzuführen. Wie das aussehen kann, bereitet uns Kopfzerbrechen, weil nahezu alles nochmal erklärt werden müsste. Möglicherweise schon vor Beginn und während der Ausbildung sollten supervidierte Behandlungen stattfinden (siehe oben).

Weiterführende Ziele:
Implementierung der Homöopathie in das Gesundheitssystem; Anerkennung durch Gesundheitsministerium, Kostenübernahme durch Krankenversicherungen
Errichtung eines homöopathischen Health Care and Training Centres
Ausbildung von CHW (Community Health Workers)

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