• Homöopathen ohne Grenzen
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Einblick Ecuador Mai 2019

Im April 2019 haben wir unseren 10. Kurs in Puyo angeboten. Es kamen 8 Frauen und 3 Männer aus drei verschiedenen Stämmen, Kichua, Achuar und Shiwiar. Sie leben teilweise in ihren „comunidades“ im Regenwald und haben bis zu zwei Tagen Anfahrtsweg mit Kanu, zu Fuß und Bus. Andere leben in Puyo, besuchen aber ihre Heimatgemeinden regelmäßig.

Unser Seminarort ist ein ökologisches Zentrum mit botanischem Garten, von freiwilligen Helfern aus der ganzen Welt unterstützt. Beim Eintritt werden wir von Papageien, Hunden und einem Äffchen begrüßt. Wir werden vegan bekocht.

Unter den Teilnehmern sind einige, die schon seit Anfang des Projekts vor 5 Jahren dabei sind. Um unser Projekt zu evaluieren, haben wir für diese langjährigen Teilnehmerinnen Interviewfragen ausgearbeitet. Es zeigt sich, dass sie sehr zufrieden mit dem Kurs und den Rahmenbedingungen sind; sie wenden die Homöopathie in ihren Dörfern für ein großes Spektrum von Beschwerden an. Sie sind begierig, Neues dazuzulernen. Sehr gute Erfahrungen haben sie bei akuten Erkrankungen aufgrund des ständigen Regens oder auch bei Insektenstichen gemacht.

Die Medienflut ist auch dort eingekehrt, das Smartphone ist allgegenwärtig. Dies machen wir uns zunutze: in einem geschlossenen Chat können die Kursteilnehmer sich bei auftauchenden Fragen gegenseitig beraten und unterstützen oder auch Supervision aus Deutschland anfordern.

Auf Wunsch der Teilnehmer ging es dieses Mal um Frauengesundheit: wir besprechen den Menstruationszyklus mit entsprechenden Beschwerden sowie Blasenentzündung. Beim Vermitteln der homöopathischen Mittel sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: so farbig und vielfältig der uns umgebende Garten und die Geräusche des Waldes sind, gestalten wir den Unterricht durch Theater- und Rollenspiele, Malen von Memorykärtchen, Vorstellen der jeweiligen Ursubstanz in ihrem natürlichen Kontext usw. Nach jeder Unterrichtseinheit bekommen die Schüler das unterrichtete Mittel und eine Zusammenfassung ausgehändigt. Im Kurs werden die fortgeschrittenen Schüler in die Unterrichtstätigkeit integriert, damit sie demnächst ihr Wissen in ihren Regenwaldgemeinden weitergeben können.

Jedes Seminar ist geprägt vom „Intercambio“: Die Teilnehmer ergänzen gegenseitig ihr Wissen über den Gebrauch von traditionellen Heilpflanzen und wir lauschen gespannt den Erzählungen über das Leben im Urwald. Reich beschenkt von diesem Austausch verabschieden wir uns bis zum nächsten Seminar im Herbst.

Verena Ehret und Andrea Carstensen

Einblick Ecuador April 2020

Nachdem wir die Reise im Oktober 2019 wegen politischer Unruhen kurzfristig absagen mussten, hat uns jetzt Corona einen Strich durch die Reiseplanung für April 2020 gemacht. Noch ist nicht absehbar, wann wir das Repertorium in unserem Kurs einführen können.

Wir haben ein einfaches Repertorium entwickelt, mit dem wir unseren SchülerInnen das Finden des richtigen Mittels auf sehr einfache Weise näherbringen möchten. Es soll damit zum einen geübt werden, wie die mittlerweile 35 unterrichteten Mittel voneinander unterschieden werden können, aber auch welche Ähnlichkeiten bestehen und wie wichtig es ist, über genaue Anamnesetechniken zu verfügen, um gute Behandlungsergebnisse erzielen zu können. Es soll also viel wiederholt und der aktuelle Wissensstand unserer Teilnehmenden überprüft werden.

Zum anderen wollen wir auch den Blick vom indikationsfokussierten Unterricht auf die übergreifenden Einsatzmöglichkeiten der unterrichteten Mittel öffnen und damit den Bogen in die Anfänge unserer Arbeit in Ecuador schlagen. Wir hatten damals zunächst mit dem größeren Mittelbild begonnen. Die damals stark wechselnden TeilnehmerInnen und die damit verbundene Schwierigkeit, die Workshops
aufeinander aufbauend zu gestalten, haben uns dazu geführt, uns zunächst auf abgeschlossene, indikationsbezogene Workshops zu konzentrieren.

Es gibt heute bereits einige Teilnehmerinnen, die mit den erlernten Mitteln gute, gelingende Arbeit in ihren jeweiligen Comunidades (Gemeinden) verrichten. Das Konzept, sich vom Kleinen ins Größere vorzuarbeiten, scheint Früchte zu tragen.

Schweren Herzens mussten wir diese Reise kurzfristig absagen. Politische Ausschreitungen im Land, die sich an der Streichung von Subventionen für Benzin entfacht hatten, veranlassten das Auswärtige Amt zur Empfehlung, von Reisen nach Ecuador abzusehen. Die öffentlichen Straßen waren zeitweise blockiert, Busse fuhren nicht verlässlich und etliche unserer Teilnehmenden waren an Demonstrationen im ganzen Land beteiligt, bei denen viele Verletzte und sogar Tote zu beklagen waren.

Wir sind sehr erleichtert, dass die Situation sich wieder entspannt hat. Der Ausnahmezustand wurde nicht verlängert. Auch im Kampf gegen Erdölförderung im Regenwald wurden große Fortschritte gemacht. Wir gehen davon aus, dass wir im April 2020 bedenkenlos nach Ecuador fliegen können. Von dieser sicher sehr spannenden Reise werden wir dann zeitnah berichten. Geplant ist mit der nächsten Reise auch eine Erkundungsreise in den Norden des Landes an die kolumbianische Grenze. Wir haben eine Anfrage erhalten, in einer bereits bestehenden Clinica ambiental mit Healthworkern unser homöopathisches Konzept zu entwickeln.


Christa Lehr

Einblick Ecuador April 2019

Ecuador befindet sich immer noch in einer starken Rezession, von der natürlich auch unsere Teilnehmer betroffen sind. Zum Glück verhindert der US-Dollar als Landeswährung eine Inflation wie in Venezuela. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, die Bewohner des Regenwaldes in ihrer Autonomie zu stärken! Im Wald ist es immer noch möglich, (fast) ohne Geld zu leben.

In unserem letzten Kurs im November 2018 haben wir Verletzungsmittel unterrichtet, damit Schnitte, Stiche, Verbrennungen im Wald sofort behandelt werden können. Im April 2019 wird das nächste Team Mittel für Frauenbeschwerden vorstellen. Die Teilnehmer haben bereits mehrfach nach Hilfestellung bei Zyklusproblemen und Blasenentzündungen gefragt. Das Thema Geburtshilfe haben wir bereits 2016 behandelt.

Die Homöopathie, medizinisches Basiswissen und der Austausch über traditionelle Heilpflanzen helfen den TeilnehmerInnen, ihr selbständiges Leben im Wald zu unterstützen und den schwierigen Spagat zwischen Tradition und Moderne zu leben – und dadurch den Regenwald zu schützen.

Nicola Lehmkühler

Einblick Ecuador Januar 2021

Corona hat die Welt fest im Griff, an Unterrichtsreisen nach Ecuador ist nicht zu denken. Daher halten wir per Zoom den Kontakt zu unseren SchülerInnen. Auch in Ecuador ist Corona omnipräsent. In den Städten waren die Infektionsraten sehr hoch, viele Menschen mussten ins Krankenhaus und sind verstorben. Die Krankenhäuser sind überfüllt. Auch in den Dörfern im Wald ist Corona angekommen, da wieder viele Reisen zwischen Wald und Stadt stattfinden. Es haben sich komplette Familien angesteckt. Ähnlich wie in Deutschland gibt es sehr unterschiedliche Symptome, leichte und schwere Verläufe, auch sehr langwierige Erkrankungen und Langzeitfolgen.

Ecuador Homöopathen ohne GrenzenSandra lebt eigentlich im Wald. Dort hat sie kein Internet. Damit ihre Töchter am Online-Unterricht ihrer Schule teilnehmen können, ist sie häufig in Shell, einer kleinen Stadt bei Puyo. Auch die Töchter und Cousinen, die gerade in der kleinen Wohnung zu Besuch sind, winken fröhlich in die Kamera und freuen sich dabei zu sein. Wie im echten Unterricht wird viel gegiggelt und gelacht.

In Shell befindet sich der Regenwald-Flughafen; von hier kann man in kleinen Flugzeugen in den Wald fliegen. Wenn sie in den Wald zurückkommt, wird Sandra allerdings kritisch als mögliche Infektionsquelle beäugt.

„Meine ganze Familie war krank, teilweise zwei Mal, mit trockenem Husten, Fieber, Durchfall und Erbrechen. Wir erholen uns einfach nicht von der Krankheit, Gelenkschmerzen seit zwei Monaten. Wir haben uns mit unserer traditionellen Medizin geholfen, mit dem, was im Wald oder am Haus wächst. Die meisten können sich Vitamine aus der Apotheke nicht leisten. Aber in der Stadt sterben noch mehr Menschen daran als im Wald.“

Das Leben im Wald ist wirtschaftlich noch schwieriger geworden. Bisher konnte die Haushaltskasse durch den Verkauf von Urwaldprodukten auf speziellen Märkten in Puyo aufgebessert werden, das ist im Moment nicht Ecuador Homöopathen ohne Grenzenmöglich. 2020 war ein extrem schwieriges Jahr.

An die homöopathischen Mittel aus dem Unterricht kann sie sich noch gut erinnern, Bryonia hat sie viel bei Husten benutzt. Ihre Mittelröhrchen hat sie natürlich sofort parat, viele Mittel sind aufgebraucht oder – unser größtes Problem im Regenwald – feucht und verklebt. Wir bieten an, die Herstellung von „Stockbottles“ zu wiederholen. Durch das Verschütteln in Alkohol ist sie nicht auf Mittelnachschub angewiesen und auch die Feuchtigkeit ist nicht mehr relevant.

Außerdem wünscht sich Sandra für den Online-Kurs einen „Intercambio“, den sehr bewährten Austausch über traditionelle Heilpflanzen des Regenwaldes. Diesmal möchte sie mit den anderen TeilnehmerInnen über die Pflanzen sprechen, die sie während der Pandemie benutzt haben. Sie geht davon aus, dass viele unterschiedliche Pflanzen und Anwendungsweisen zum Einsatz gekommen sind. Alle sollen von diesem Austausch über ihr wertvolles Pflanzenwissen profitieren.

Ecuador Homöopathen ohne GrenzenUnsere Schülerin Alminda versprüht immer noch ihre Energie, ihr Lachen, ihren Optimismus – eine echte Naturgewalt, auch per Zoom. Ihre Freundin Kuri ist auch bei der Videokonferenz dabei. Ihr Kichwa-Name bedeutet „corazon de oro“, Herz aus Gold – sie hat der Familie mit ihren Heilkräutermischungen beigestanden, als Corona sie erwischt hat. Wie es bei den Kichwa üblich ist, hat sie den fertigen Tee zu den Erkrankten gebracht; die Rezeptur bleibt streng geheim.

Alminda war 14 Tage krank, Stimmverlust, Kopfschmerzen, Geruchsverlust, eine Fiebernacht. Ihr Mann war einen ganzen Monat lang krank, acht Tage lag er mit sehr hohem Fieber, Husten, Schmerzen, Durchfall, Appetit- und Geruchsverlust im Bett. Der Corona-Test war erwartungsgemäß positiv. Die 13jährige Tochter hat sich trotz der beengten Wohnverhältnisse nicht angesteckt. Auch sie ist im Home-Schooling.

Die kleine Stadt Santa Clara liegt am Rande des Regenwaldes und ist von Puyo mit dem Bus zu erreichen. Wirtschaftlich ist das Dorf genau wie das ganze Land in einer fürchterlichen Krise. Alle kleinen Händler sind am Boden, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Infektionszahlen sind „bastante“, sehr hoch. Alminda kann in ihrem „Chacra“, ihrem Gemüsegarten in den Bergen, genug anbauen, um die kleine Familie zu ernähren und noch einige Produkte zu verkaufen. Auch Heilkräuter baut sie dort an und verkauft sie – wir freuen uns schon auf den „Intercambio“ vor Ort! Sie wird uns ihren „Chacra“ zeigen.Ecuador Homöopathen ohne Grenzen

Bis dahin werden wir online homöopathische Erste Hilfe bei Husten, Fieber, Erkältung, Durchfall unterrichten. Hoffentlich schaffen es möglichst viele TeilnehmerInnen, zum vereinbarten Termin online dabei zu sein.
Nicola Lehmkühler
 

Einblick Ecuador Dezember 2022

Hurra, endlich sind wir wieder in Ecuador! Nach der langen Unterbrechung (die letzte Reise war im Frühling 2019) wussten wir nicht genau, was uns vor Ort erwartet. Alle Bedenken bezüglich Corona lösten sich vor Ort in Luft auf, die Einreisebeschränkungen wurden kurz vor unserer Reise aufgehoben.

Auf einer renaturierten Finca dürfen wir unseren Kurs halten. Wir haben einen kompletten Neuanfang gemacht und den sehr interessierten TeilnehmerInnen einen Intensivkurs angeboten, der alles Bisherige übertroffen hat. Thema waren „Grippemittel“, also homöopathische Mittel, die bei grippalen Infekten und Erkältungen als erste Hilfe angewendet werden können. Wir unterrichten nicht nur einzelne Symptome und Differentialdiagnosen, sondern spielen selbsterstelltes Memory und führen fiktive Patientengespräche. Bei der theatralischen Darstellung der Mittelsymptome wird so viel gelacht, dass die Köchin kommt, um zu schauen, was hier los ist. Durch ihr umfangreiches Heilpflanzenwissen können die TeilnehmerInnen die Heilweise der Homöopathie als natürlich annehmen.

In den „Comunidades“ im Wald wird das Pflanzenwissen nur noch wenig an die nächste Generation weitergegeben. Es gibt immer weniger Schamanen, die bei Krankheiten helfen können. Medizinische Hilfe ist nur schwer zugänglich, im Notfall können PatientInnen ins Krankenhaus ausgeflogen werden. Daher sind die TeilnehmerInnen sehr dankbar für eine komplementäre Heilweise, mit der sie sich selbst helfen können. Wenn sie in der Stadt leben, sind frische Heilpflanzen nur schwer zugänglich. Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit kann man keine Pflanzen trocknen. Auch hier ist die „Homöopathische Erste Hilfe“ eine willkommene Ergänzung bei der medizinischen Versorgung.

ECU 2022 11 Fatima Anatomie

Wir unterrichten Indigene jeglicher „Nacionalidad“ (indigene Völker), die ganz oder teilweise im Regenwald leben und den Spagat zwischen einer ursprünglichen Lebensweise in einer „Comunidad“ im Wald und dem modernen Leben in der Stadt schaffen. Die kleine Stadt Puyo ist ein Schmelztiegel vieler „Nacionalidades“ am Rande des Regenwaldes, die für viele Indigene per Kanu oder Flugzeug relativ gut erreichbar ist. In unserem Kurs sind diesmal Kichwa, Schuar und Shiwiar vertreten, außerdem gibt es in der Provinz Pastaza noch Waorani, Andoa, Zapara und Achuar.

Bei Indigenen wird das traditionelle Wissen nur innerhalb der Familie an die nächste Generation weitergegeben, es gibt keinen Austausch. Jede Familie, jedes Dorf, jede „Nacionalidad“ wendet den riesigen Schatz an Heilpflanzen, die der Regenwald bietet, auf unterschiedliche Weise an. In unserem „Intercambio“ (Austausch über Heilpflanzen) teilen die TeilnehmerInnen ihr umfangreiches Wissen über Heilpflanzen selbstverständlich mit allen Anwesenden. Der Ausflug in den Medizinpflanzengarten der Finca ist ein Selbstläufer. Diese Erfahrung des Voneinanderlernens ist ein großes Geschenk für alle.

Für uns ist es eine besondere Anerkennung, dass die TeilnehmerInnen eine traditionelle Guayusatee-Zeremonie und Tabakreinigung vor dem Morgengrauen mit uns zelebriert haben. Es werden die Lieder ihrer Ahnen gesungen, Träume erzählt und interpretiert, viel über die Traditionen ihrer Vorfahren gesprochen.

Nach der Unterrichtswoche haben wir eine Kichwa-Comunidad besucht und mit einer Familie zwei Tage auf einer Finca verbracht, wo wir tiefe Einblicke in die Lebensweise und Kultur erlangen durften. Wir freuen uns, dass dieser wertvolle Austausch mit den Indigenen weitergeht. Das Miteinander auf Augenhöhe ist für uns alle eine große Bereicherung!

Adriena Stelzig und Nicola Lehmkühler


 

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